Die betätigte göttliche Tugend der Liebe

„Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Am größten aber ist die Liebe. Bleibet in der Liebe!“

In der Liebe bleiben, die Liebe leben, die göttliche Tugend der Liebe betätigen. Das ist unsere große, schöne, wahrhaft lohnende Aufgabe unser Leben lang, nicht bloß im kurzen Erdenleben, sondern auch noch im ewigen Leben.

Das ist das größte und erste Gebot, das uns Gott aufgetragen hat: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzer Kraft. Das ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst!...“.

Aber kann man denn Liebe befehlen? Wenn der Befehl einen Zwang besagen würde, dann kann man Liebe sicher nicht befehlen. Denn die Liebe lässt sich nicht erzwingen. Das einzige im Menschenleben, das sich nicht erzwingen lässt, auch sogar von Gott nicht erzwingen lässt, ist die Liebe. Gott hat uns das königliche Geschenk der Willensfreiheit gegeben; dieses Geschenk raubt er uns nicht, auch auf die Gefahr hin, dass wir es missbrauchen zum Sündigen. Gott kann unsere Liebe nicht erzwingen. Aber er wünscht unsere Liebe, er wirbt um unserer Liebe, er wartet auf unsere Liebe, geduldig wie ein Liebender, er eifert um unsere Liebe, und weil ihm so ernst ist um unsere Liebe, darum befiehlt er sie auch, aber nicht mit einem kalten, autoritären Befehl, sondern dadurch, dass er zu allererst zeigt, wie sehr er unsere Liebe verdient, weil er uns zuvor geliebt und aus Liebe gar alles für uns getan hat! Ist nicht eigentlich ein jeder von uns ein wandelnder Beweis der Liebe Gottes zu uns Menschen? Gott hat uns erschaffen und mit Verstand und freiem Willen und mit Liebensfähigkeit ausgestattet, damit wir ihm seine Liebe erwidern können. Gott hat uns bisher am Leben erhalten und wunderbar geleitet und geführt in seiner wahrhaft göttlichen Vorsehung. Gott hat uns erlöst und hat sich dazu in seinem menschgewordenen Sohn hingeopfert, um unsere Untreue, unsere Undankbarkeit, unsere Sünden zu sühnen. Und er, der Sohn Gottes hat sich aus Liebe nicht damit begnügt, im Geheimnis seiner Menschwerdung unser Bruder zu werden, uns in allem gleich, die Sünde allein ausgenommen, die er durch seinen Sühnetod am Kreuz von uns nehmen wollte, er wollte sogar unsere Speise werden; dazu hat er die Hl. Eucharistie verheißen und eingesetzt im verwandelten Brot und Wein, damit er dann in voller Wahrheit sagen könne: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm!“ Also denkbar innigste Vereinigung mit ihm aus lauter Liebe! So innig können sich nicht einmal Eheleute, die sich glänzend verstehen und ganz innig leiben, miteinander verbinden und vereinigen am Höhepunkt ihrer leib-seelischen Liebeshingabe. Christus in uns, wir in ihm im Opfermahl der hl. Kommunion! Da strömt dann seine Kraft, sein Geist, seine Gnade, seine Liebe ins uns über und wir können dann mit dem hl. Paulus in Wahrheit sagen: “Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir!“ Und nicht mehr ich liebe, Christus liebt in mir! Gibt es denn größere Liebe als jene, die Gott uns in der Erschaffung und Erlösung, in der Begnadigung durch die Sakrament e und vor allem im Sakrament der Liebe erweist?

Gewiss lässt sich Gottes Liebe nicht nach Menschenmaß messen und verstehen, sie hat ihre eigenen, göttlichen Maßstäbe und Gesetze, ihre eigenen Wege und Ziele und ist darum für unseren kleinen Verstand nicht immer begreifbar, sondern gar manchmal geheimnisvoll rätselhaft, etwa dort, wo dieser Gott der Liebe uns prüft, uns heimsucht, uns ein Kreuz auflädt. Und doch ist jede Prüfung – haben wir das je richtig bedacht? - nur immer wieder ein neues Werben um unsere Liebe und eine neue Frage Gottes an uns: Liebst du mich? Liebst du mich wirklich? Ist deine Liebe stark und groß genug? Und wenn wir uns bei diesem Gott der Liebe über ein uns auferlegtes Kreuz beklagen möchten, dann sagt er zu uns: Schau mich doch an, wie ich aus Liebe zu dir am Kreuz hänge in furchtbarsten leiblichen und seelischen Schmerzen und Sühne und leide in Einsamkeit und Verlassenheit! Das alles, alles tat ich doch für dich, ja für dich! Was tust du denn für mich? Wo bleibt deine Liebe zu mir, wenn du dich bei kleinesten Prüfungen und Heimsuchungen schon beklagst und mit mir zu hadern beginnst und mir deine Liebe aufkündigst?

Wahrlich, wie klein, wie armselig ist doch meistens unsere Gottesliebe!

Manche Heilige haben das bisweilen in erschütternder weise erkannt und haben darunter gelitten, dass Gott so wenig geliebt wird. Ich denke da beispielsweise an den hl. Franz von Assisi. Man fand ihn eines Tages in der Nähe von Portiuncula auf den Knien in Tränen aufgelöst und bitterlich weinend wie ein untröstliches Kind! Als man ihn nach stunden, die er so verbrachte, zu fragen wagte, warum er denn so weine, gab er erschüttert die Antwort: „Weil die Liebe nicht geliebt wird!“ Gott ist die Liebe und er wird so wenig geliebt. Ich denke da auch an die große Mystikerin aus dem Karmel, an die hl. Maria Magdalena von Pazzi, der der Herr mehrmals in ergreifenden Visionen offenbarte, dass er die „ungeliebte Liebe“ (L’amore non amato) sei. Ich denke da an die große Botin der Herz-Jesu-Verehrung Margareta Maria Alacoque, der der Herr in einer Anbetungsstunde vor dem ausgesetzten Sakrament der Liebe leibhaftig erschien und ihr dabei sein von Liebe durchbohrtes Herz zeigte mit den Worten: Schau dieses Herz an, das die Menschen so sehr geliebt hat! Und was ist der Lohn für meine Liebe? Nur Undank, Kälte, Lauheit, Gleichgültigkeit, Hohn und Spott!

Vergessen wir zuletzt auch nicht, wie Gott um unsere Liebe auch dadurch wirbt, dass er uns sagt, wie sehr er unsere Liebe belohnt! Schon hier auf Erden belohnt er unsere Liebe nicht bloß mit vielen Gnaden und Wohltaten, sondern vor allem durch seine immer neu uns beschenkende, behütende und beglückende Liebe, die manche Heilige so spürbar erlebt haben, dass sie dann nur noch stammeln konnten: „O Gott, ich liebe dich, und er einzige Lohn für meine Liebe sei der, dass ich dich immer noch mehr liebe!“

Den vollen Lohn für unsere Liebe hat Gott aber für das andere Leben aufgespart: Da wird dann beseligende Liebe und Freude in unser Herz einströmen und Gott wird unser kleines Menschenherz so sehr ausweiten, dass das ganze Meer seiner Liebe in dieses unser Herz einströmen kann.. Da wird es dann wahr, was dieses Meer von Liebe in uns bewirken wird: Lauter Freud ohne Leid durch die ganze Ewigkeit! Wissen Sie, was uns dann allein noch leidtun wird? Dass wir Gott in unserem Erdenleben nicht unsagbar mehr geliebt haben!

Noch haben wir Zeit, dem Gott der Liebe das Ja unserer Liebe entgegen zu stammeln in tätiger, leidender, opfernder Liebe, mit gehorsamer, schenkender, eifernder Liebe und – wenn es sein muss auf Grund unserer Vergangenheit – auch mit reuiger, sühnender Liebe!

Schenken wir Gott dieses Ja unserer Liebe und damit aber auch das Ja zu seinen Geboten, denn Christus hat gesagt: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten... Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt – und wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ (Joh 14,15.21)

Schenken wir Gott das Ja unserer Liebe und damit auch das Ja zu seinen Schickungen und Fügungen, auch dort, wo uns diese rätselhaft und schwer dünken! Vergessen wir nicht: Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken, Gottes Wege sind nicht unsere Wege! Bisweilen muss Gott eben jenes Wort, das er in der Geheimen Offenbarung (3,19) zur lauen Christengemeinde von Laodicea gesprochen hat, um sie zur Bekehrung und Umkehr zu bringen, auch zu uns sagen: „Die ich liebe, züchtige ich und weise ich zurecht! Auf denn, kehre um! Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe. Wenn jemand meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir!“

Der Gott der Liebe muss uns manchmal mit Gewalt von manchen irdischen, vergänglichen Dingen, an denen wir allzu sehr hängen, losreißen, weil wir es selber nicht zustande bringen, darauf aus Liebe zu Gott zu verzichten. Es braucht ja schon ganz große, fast heroische Gottesliebe, um mit dem heiligen Schweizer Bauern Klaus von der Flühe beten zu können: „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich trennt von dir! Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir! Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir!“

So konnte nur ein Heiliger aus einem gottliebenden Herzen heraus beten, ähnlich wie der hl. Ignatius von Loyola, der am Ende einer Betrachtung über die Gottesliebe das kühne, heroische Gebet formuliert hat: „Nimm hin, o Herr, meine ganze Freiheit, mein Gedächtnis, meinen Verstand, meinen Willen. Das alles hast ja du mir geschenkt. Ich gebe es dir wieder zurück. Gib mir nur deine Gnade und deine Liebe, dann bin ich reich genug und verlange weiter nichts mehr!

Um wirklich aus ganzer Seele so beten zu können, dazu ist vielleicht bei uns allen die Gottesliebe noch zu klein, noch zu schwach! Aber wir könnten uns solche große, glühende Liebe erbeten, wie es die Heiligen getan haben! Ich denke da an ein ergreifendes Gebet des hl. Johannes Maria Vianney, das mir im Sommer 1977 bei einer gemeinsamen Wallfahrt mit oberösterreichischen Pilgern in Ars in die Hände kam: „O mein Gott, ich liebe dich und mein einziger Wunsch ist, dich zu lieben bis zum letzten Seufzer meines Lebens. Ich liebe dich, unendlich liebenswürdiger Gott und ich möchte lieber aus Liebe sterben als einen einzigen Augenblick leben, ohne dich zu lieben. Ich liebe dich, mein Herr und Gott, und die einzige Gnade, die ich von dir erbitte ist, dich ewig zu lieben. Ich liebe dich, o mein Gott, und ich sehne mich nach dem Himmel nur deshalb, um das Glück zu haben, dich vollkommen zu lieben. Ich liebe dich, du unendlich gütiger Gott, und ich fürchte mich vor der Hölle nur, weil man dort niemals den süßen Trost hat, dich zu lieben. Mein Gott, wenn meine Zunge es dir nicht jeden Augenblick sagen kann, dass ich dich liebe, dann will ich wenigstens, dass mein Herz es dir mit jedem Schlag wiederholt: Ich liebe dich!“

Ja, sagen auch wir es Gott immer wieder, dass wir ihn lieben. Dabei wächst dann unsere Liebe zu ihm immer mehr. Tun wir alles aus Liebe zu Gott! Und meiden wir die Sünde, vor allem die schwere, weil sie uns von der Liebe zu Gott trennen und die Liebesfähigkeit in uns, die göttliche Tugend der Liebe in uns vernichten würde!

Vergessen wir aber vor allem eines nicht: Unsere Gottesliebe ist niemals echt, wenn wir lieblos sind gegen die Mitmenschen, vor allem gegen jene, die den größten Anspruch auf unsere Liebe haben!

Die Heiligen, die wahrhaft Gott Liebenden, die von Gottesliebe Glühenden haben bei all ihrer Gottesliebe das nie übersehen, dass die Gottesliebe nur dann echt und wahr ist, wenn sie sich in der Nächstenliebe, in der einander ertragenden, einander immer wieder verzeihenden, einander selbstlos helfenden Liebe auswirkt. Nicht umsonst hat schon der Liebesjünger Johannes in seinem 1. Brief (1 Joh 2,7-21) geschrieben: „Meine Lieben, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und wer liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist die Liebe... Meine Lieben, wenn Gott uns sosehr geliebt hat, so sind auch wir es schuldig, einander zu lieben. Niemand hat Gott je gesehen; wenn wir aber einander lieben, so bleibt Gott in uns, und die Liebe zu ihm ist in uns vollkommen. ...Wenn aber jemand sagt: „ich liebe Gott“, dabei aber seinen Bruder hasst, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann Gott nicht lieben, den er nicht gesehen hat. Und wir haben dieses Gebot von ihm: wer Gott liebt, liebt auch seinen Bruder!“

Machen wir jetzt nicht mehr viele Worte über die rechte Gottesliebe, die durch die opferbereite, hilfsbereite Nächstenliebe unter Beweis gestellt werden muss, handeln wir lieber danach das ganze Jahr über, und schauen wir auf das herrlichste Vorbild selbstlosester, ganz hilfsbereiter, verzeihender und sich selbstlos hinopfernder Liebe, wie wir es im gekreuzigten Heiland vor uns haben, und schauen wir auf die Heiligen, vor allem die großen Heiligen der Caritas, die wirklich ernst gemacht haben mit dem Auftrag des Herrn: „Liebet einander wie ich euch geliebt habe!“

Ich denke da noch an die hl. Elisabeth von Thüringen, die so selbstlos den Armen geholfen und die Kranken, sogar die Aussätzigen gepflegt hat! Ich denke da noch an den großen Heiligen der Caritas Vinzenz von Paul, der unermüdlich war im Dienste der Armen und Kranken und sich selbst die Ketten von einem Galeerensträfling anlegen ließ, um diesem die Freiheit zu verschaffen. Ich denke da an den heiligen Bischof Adalbert von Prag, der von einem Armen auf der Straße um ein Almosen angesprochen wurde und diesem sagte: „Komm morgen in mein Haus, denn ich trage nichts bei mir, was ich dir geben könnte“, der sich dann aber sofort besann mit den Worten: „Warte, wer weiß, ob ich morgen noch lebe und noch Gelegenheit habe, dir Gutes zu tun“, dabei seinen Mantel von der Schulter nahm und ihn dem Bittsteller umhing.

Ich denke da an den heiligen Maximilian Kolbe, den seeleneifrigen Franziskaner, der im KZ Auschwitz anstelle eines Familienvaters in den Hungerbunker ging und sein Leben hinopferte, um das des anderen zu retten. Ich denke da an die zahllosen unbekannten Helden christlicher Liebe im Priester- und Ordensstand, aber auch im Laienstand, die immer an das Wort Christi gedacht haben: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir selbst getan!“ Einst gab es aus Liebe zu Gott und zum Mitmenschen auch genug Priester- und Ordensberufe, in denen sich begeisterungsfähige junge Menschen aus Liebe zu Gott und zum Bruder in Not, in seelischer und leiblicher Not, dem ungeteilten Dienst der Liebe weihten, darunter etwa die vielen wahrhaft Barmherzigen Schwestern in der Heimat und in den Missionsländern, von denen der Dichter so ergreifend zu ihrer Charakterisierung gesungen hat:

„Liebe, die unter dem Schleier geht,

Schweigendes Opfer und stilles Gebet,

Leis wie die Engel und selten erkannt,

Fern von der Menge und niemals genannt.

Reich im Verzicht auf irdischen Lohn,

Friede im Auge und Freude im Ton,

Selig im Geben und doch wünschelos,

Selbstlose Seelen, wie edel und groß!“

Es wäre traurig und ein erschreckendes Zeichen für den Verfall des Christentums und der Kirche, wenn solche von wahrer Liebe zu Gott und den Mitmenschen erfüllte Menschen aussterben würden!

Brüder und Schwestern im Herrn! „Für jetzt bleiben Glauben, Hoffnung, Liebe, diese drei. Am größten aber ist die Liebe. Bleibet in der Liebe!“ Diese drei: Glaube, Hoffnung, Liebe, hängen engstens zusammen, denn der Glaube ist nicht echt und die Hoffnung ist kraftlos, wenn dahinter nicht die Liebe steht.

Aus dem Glauben leben, nach dem Licht des Glaubens sich im Leben des Alltags orientieren, das ist unsere heilige Pflicht und dabei nie in echter, zuversichtlicher Hoffnung das doppelte, große Ziel aus dem Auge verlieren. Letztlich entscheidend aber ist für die Echtheit unseres Christentums, was uns der hl. Paulus im Gal 3,11 geschrieben hat: „Der Gerechte lebt aus dem Glauben!“ Und er fügt sofort hinzu: „In Christus gilt nur der Glaube, der durch die Liebe wirksam ist!“

Noch deutlicher hat der Apostel Jakobus in seinem Brief (2,14-26) geschrieben: „Was nützt es, wenn einer sagt, er habe den Glauben, aber keine Werke (der Liebe) aufzuweisen? Kann ihn dann der Glaube retten?“ Nein! Genau so wenig, wie es einem hungernden und frierenden Mitmenschen etwas nützt, wenn ich ihn mit ein paar schönen Worten abspeise; ohne hilfreiche Tat ist in so einem Fall jedes Wort ein Hohn. Ohne lebensvolle Tat der Liebe ist auch der Glaube ein Hohn, er ist tot, er gilt nichts vor Gott. Und Jakobus fügt noch die Bemerkung hinzu: „Gleich wie der Leib ohne die Seele tot ist, so ist auch der Glaube ohne die Werke (der Liebe) tot!“

Auf den gelebten Glauben, der in der Liebe sichtbar wird, kommt es an! Unser Glaube darf nicht im Verstand allein stecken oder gar nur im Mund allein hängen bei einem sonntags etwa gedankenlos heruntergeplapperten Glaubensbekenntnis, der Glaube muss in Herz und Hände übergehen. Er muss ins Herz übergehen in Gottes- und Nächstenliebe!

Den Glauben leben, aus dem Glauben leben, nach dem Glauben leben, ist für uns alle nicht bloß heilige Pflicht, sondern auch große Verantwortung!

Warum? Der Grund ist leicht angegeben. Was bringt denn unseren Glauben am meisten in Verruf? Was liefert den Glaubensfeinden, den Abständigen, den Fernstehenden, den Ungläubigen die meisten Einwände und Vorwände gegen den Glauben? Es ist das Leben von Christen, erst recht von Priestern und Ordensleuten, die ihren Glauben zwar nicht mit Worten, aber durch die Tat, durch ihr unchristliches Leben und ihre Lieblosigkeit verleugnen.

Da hat uns schon vor Jahren der indische Weise Rabindranath Tagore einen saftigen Denkzettel verabreicht. Als er aus Indien nach Europa gekommen war, um da das christliche Abendland kennenzulernen, schrieb er, der Nichtchrist, über seine religiösen Eindrücke das folgende harte Urteil nieder: „Ich fand in Europa ein Sonntagschristentum und ein Werktagsheidentum. Es besteht in Europa weithin kein Zusammenhang mehr zwischen Glaube und Leben, der Glaube ist keine zentrale Kraft mehr, die das ganze Leben durchdringt und trägt.“

Stellen wir den Zusammenhang wieder her, liebe Brüder und Schwestern, zwischen Glauben und Leben durch eine Hoffnung, die über vergänglichen irdischen Wohlstand hinaus das letzte Ziel nicht aus dem Auge verliert, und durch die rechte große Gottesliebe, die ihre Echtheit durch täglich neupraktizierte Nächstenliebe unter Beweis stellt!

Machen wir es wieder wahr, was uns der hl. Paulus gesagt hat: Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Am größten aber ist die Liebe! Und sagen wir es zum Schluss dieser Religiösen Woche mit den Worten des Engels von Fatima aus innerster Überzeugung:

O mein Gott, ich glaube an dich, ich bete dich an, ich hoffe auf dich, ich liebe dich, und ich bitte dich um Verzeihung für jene, die nicht an dich glauben, die dich nicht anbeten, die nicht auf dich hoffen, die dich nicht lieben! Amen